Rezension: Nocturnum – Lange Schatten

Titel: Nocturnum – Lange Schatten
Autor: Darell Hardy, Christian T. Petersen, Andrew Warren
System: Call of Cthulhu
Verlag: Pegasus
Format: Hardcover, schwarz/weiß
Seiten: 130
Sprache: Deutsch
Preis: 24,95 EUR

Pro: Übersichtliche Textgliederung, Top Layout, gute Illustrationen
Kontra: Schlecht aufbereitetes Spielmaterial, zu viele neue Kreaturen, extrem schlechte Abenteuer

Kaufempfehlung: Spar dir dein Geld!

Warum jetzt eine Rezension zum Kampagnenauftakt Nocturnum – Lange Schatten? Ist doch ein alter Hut, Pegasus hat mittlerweile doch schon wieder X neue Sachen veröffentlicht. Was soll denn das?

Ganz einfach: das hier ist die Rezension von einem Autor, der das Buch tatsächlich gespielt hat und zwar als Spielleiter. Ich wage mal frech zu behaupten es ist daher auch die bisher einzige Rezension, die auf dieser Basis geschrieben wurde. Alle Schreiber kurz nach Erscheinen des Buches verfasster Kritiken können das Werk höchstens mal überflogen, es aber kaum in der kurzen Zeit geschafft haben, die enthaltenen Abenteuer zu spielen. Vielleicht ist gerade aus diesem Grund diese späte Rezension für den einen oder anderen doch mal ganz interessant. Wenn es nach dem Cthulhu-Forum geht, war bzw. ist meine Gruppe vermutlich sogar die einzige, die diese Kampagne nicht nur des Sammelns wegen im Schrank stehen hat. 🙂

Im ersten Band dieser dreiteiligen Kampagne für Cthulhu Now findet man zwei große Teile: der Erste fasst die Kampagnenhandlung, die verschiedenen Interessensgruppen und diverse NSC zusammen. Der Zweite besteht aus den drei Abenteuern Winternacht, Königin des Zwielichts und Stille. Im Folgenden gehe ich auf die einzelnen Teile ein. Es sind Spoiler enthalten.

Die Kampagne

Ich möchte an dieser Stelle nicht zu viel verraten, aber im Prinzip geht es bei Nocturnum um den Weltuntergang. Verschiedene auf keinen Fall weltliche Parteien treten dabei auf den Plan und die Charaktere werden mitten in eine globale Verschwörung gezogen. Ich werde diesen Teil in der Rezension zum abschließenden Band Nocturnum III: Letzte Tage ausführlicher halten, um an dieser Stelle nicht zu sehr zu spoilern (besonders wegen meiner eigenen Spieler).

Die Informationen zu der Kampagne finden auf 28 Seiten Platz und sind sehr übersichtlich strukturiert. Als Spielleiter kann man schnell auf das Wichtigste zugreifen. Schade ist nur, dass es kein Flussdiagramm der Handlung gibt, wie es im Spielleiter-Handbuch zu Cthulhu so schön beschrieben wird. Eine solche optische Übersicht der Ereignisse macht es einem vorbereitenden Spielleiter einfacher, sie nachzuvollziehen. So muß man sich selber ans Werk machen und sich ein Diagramm erstellen. Das hilft ungemein und die Handlung an sich ist nicht so verzweigt, dass es unmöglich wäre, etwas derartiges zu erstellen.

Insgesamt ist die Handlung nicht überragend. Alles dreht sich um eine neue Mythosrasse, die Shk’Ryth und ein paar böse Kulte. Wirklich Spannendes oder gar auf unserer Realität Basierendes findet man nicht. Hier hätten die Autoren sicherlich viel mehr herausholen können, indem sie echte historische Fakten und Organisationen mit in den Plot verwoben und somit die für Cthulhu zumindest in Deutschland postulierten Ansprüche, den Mythos in unsere möglichst echte Welt zu integrieren, erfüllt hätten. Die gesamte Handlung, die meisten Schauplätze und alle Organisationen sind völlig frei erfunden. Das ist nicht Cthulhu NOW, sondern „Cthulhu Parallel Universum, das aussieht wie unsere Gegenwart“.

Ein weiterer Knackpunkt beim Plot ist wohl die Vorstellung der Autoren, irgendwelche ominösen Behörden könnten weltweit Informationen zensieren und verhindern, dass diese an die Öffentlichkeit geraten. Im Zeitalter von Internet und WikiLeaks wird aber dieser Teil – zumal es sich auch noch um eine astronomische Beobachtung handelt, die von Hunderttausenden Hobbyastronomen jederzeit gemacht werden kann – obsolet. Vielleicht auch ein Zeichen, dass die Kampagne aus der Vor-Internet-Zeit stammt? Da muß man als Spielleiter enorm tricksen, um den Spielern hier keine planetengroße Lücke in der Logik zu bieten.

Winternacht

Das erste Abenteuer der Kampagne soll dazu dienen, die Shk’Ryth einzuführen. Die Charaktere verschlägt es in den winterlichen Rocky Mountains in das fiktive Örtchen Miner’s Folley. Dort sitzen sie wegen eines Schneegestöbers fest und werden direkt mit einem Mord im einzigen Hotel des Ortes konfrontiert, der aber mit der eigentlichen Handlung, die mit einem weiteren Mord beginnt, kaum etwas zu tun hat. Später kommt heraus, dass hier offenbar finstere Mächte am Werk sind, die man durch das Beschaffen einer magischen Waffe aus einem Minenschacht in ihre Schranken weisen kann.

Eigentlich eine ganz klassische Cthulhu-Situation, aber in der Ausarbeitung des Abenteuers stecken die Mängel. Der Plot krankt an völlig unlogischen Zusammenhängen. So beauftragen ansässige Indianer die Charaktere zum Beispiel, ein den Oberschurken verwundbar machendes Artefakt aus der Mine eben des besagten Oberschurken zu beschaffen, in der es aber von indianischen Bergarbeitern nur so wimmelt. Eine Erklärung, warum sie das Ding mal eben nicht selber geholt haben, gibt es nicht wirklich. Die Auflösung der Story geschieht per Deus ex machina: irgenwann taucht ein alter Indianer auf und erklärt die ganzen Vorgänge. Die Geschichte rund um den Werwolf, der die Morde begeht, kann man auch nur lösen, wenn man dieser gefährlichen Kreatur völlig grundlos in die eisigen Berge folgt, um dort zufällig auf ein Tagebuch zu stoßen.

Alles in allem ist dieser Plot extrem an den Haaren herbeigezogen und wirkt wie ein Fan-Abenteuer für Cthulhu der ersten Stunde. Einigermaßen logisch und nachvollziehbar handelnde Charaktere werden stellenweise einfach an einigen Schlüsselszenen vorbeirauschen und sich mehr als einmal fragen, warum sie denn nun unbedingt handeln müssen. Die Spielercharaktere – wie im Text vorgegeben – mit einem der Morde in Verbindung zu bringen, wird der Polizei äußert schwer gelingen, zumal sich schon da die Frage stellt, warum die zufällig im selben Hotel wohnenden Charaktere ausgerechnet an einem frischen Tatort herumstapfen sollten.

Neben diesen Unzulänglichkeiten ist aber auch die Aufbereitung des Spielmaterials sehr schlecht gelungen. So stimmt zum Beispiel die Karte des Hotels und der Polizeistation nicht mit der Beschreibung im Abenteuertext überein, ein Problem, dass sich durch den gesamten ersten Band zieht. Auch Charakterportraits passen nicht zum Text. Das ist schade, denn gerade in derartigem Spielmaterial sehe ich einen Hauptgrund für den Kauf von Abenteuern. Plots ausdenken kann ich mir selber, aber schöne Karten zeichnen leider nicht.

Vom holperigen Start bis zum völlig konstruierten Showdown insgesamt ein extrem schlechtes Abenteuer. Meine Spieler waren von den Vorgaben auch schnell gelangweilt, so dass ich das Abenteuer entsprechend abgeändert und umgeschrieben habe. Besonders dann, wenn man es mit erfahrenen Cthulhu-Spielern zu tun hat, die keine Hauptdarsteller in einem amerikanischen B-Movie mit schlechtem Drehbuchautor sein wollen, ist das allen Spielleitern zu raten.

Königin des Zwielichts

Offenbar hatten die Autoren von Nocturnum Spaß daran, Abenteuer mit bizarren Ereignissen während einer Autofahrt zu beginnen. Während man in Winternacht einen Indianer über den Haufen fährt, begegnet man in Königin des Zwielichts am Straßenrand einer schrulligen Alten, die vermeintlich Gruseliges malt. Trigger für dieses Abenteuer ist der Hilferuf eines Bekannten [sic], der die Spielercharaktere in das fiktive Universitätsstädtchen Eastfield führt. Hier verbreitet sich eine neue Designerdroge namens Feenstaub und zwischen Einwohnern und Studenten brodelt die Stimmung nahe am Rand gewalttätiger Ausschreitungen. Hinter der Designerdroge steckt wieder ein Shk’Ryth, der in Gestalt eines verstorbenen Studenten mit dem Stoff willenlose Zombiesklaven erzeugt. Poetisch werden diese Feensklaven genannt.

Dem Untrieb zu Leibe rücken können die Charaktere nur durch die Hilfe einer ebenfalls neu erfundenen Mythos-Entität, jener namensgebenden Königin des Zwielichtes, die in einer Paralleldimension über dem Kaff schwebt und durch einen Kult verehrt wurde, der über das Träumen zugang zu ihrer Existenzebene erlangte. Ein bisschen soll hier wohl das Motiv, Feuer mit Feuer bekämpfen zu müssen als Aufhänger des Abenteuers dienen.

Völlig unerklärlich ist es, warum man für eine Cthulhu Now-Kampagne fiktive Orte erfinden muss, die dann auf beigefügten Karten auch noch völlig falsch dargestellt werden. So müssen sich die rund 12000 Einwohner und Studenten von Eastfield knapp 60 Häuschen an nur 6 Straßen teilen. Scheint eine Gemeinde mit vielen Wohnblocks zu sein, die sich der Zeichner da vorstellte. Für einigermaßen logisch denkende Spieler kann man das Handout also getrost in die Tonne kloppen und sich lieber mit einer echten amerikanischen Universitätsstadt und ein paar Ausdrucken von Google Maps behelfen.

Abgeschreckt hat mich an dem Abenteuer aber vor allem die erneute Einführung einer Wesenheit, die nur sehr wenig mit Lovecraft’s Cthulhu zu tun hat. Ergänzt mit den Erfahrungen aus dem ersten Abenteuer habe ich auch Königin des Zwielichts völlig umgeschrieben um meiner Gruppe gerecht zu werden. Arbeit, die mich bei einem Kaufprodukt ehrlich gesagt ärgert.

Stille

Den Höhepunkt des Triumvirats der Einführungsabenteuer stellt das Abenteuer Stille dar. Ein alter Freund schreibt den Charakteren einen hilfesuchenden Brief: seine Tochter Kay ist verschwunden und er macht sich ob düsterer Vorahnungen Sorgen. Das Mädchen hat die letzten Wochen bei ihrem Onkel in einer abgeschiedenen, japanischen Siedlung in Kalifornien verbracht. Dort wurde sie auch vor Tagen zum letzten Mal gesehen. Machen sich die Ermittler auf, um hier zu helfen, finden sie besagten Freund grausam ermordet vor und nur die Fahrt in die Still Mountains bietet Option auf Lösung des Falls.

In den Bergen angekommen sieht man sich in einer nahezu verlassenen, düsteren Siedlung japanischer Einwanderer mit mysteriösen Mönchen eines naheligenden Klosters konfrontiert. Diese haben Kay entführt, um ihre übersinnlichen Fähigkeiten für sich nutzbar zu machen. Der Anführer, ein Mönch namens Kage, unterzieht sie grausigen Experimenten. Kay ruft in gewisser Weise durch ihre (Alb-)Traumvisionen um Hilfe, die zu einigen klassischen Spukelementen im Abenteuer führen. Zum Schluß kommt heraus, dass Kage auch ein Shk’Ryth ist. Ganz nebenbei entdeckt man ein Observatorium und kann herausfinden, dass ein Komet auf die Erde zurast. Auch der Name der Firma TemCo fällt zum ersten Mal. Somit stellt Stille tatsächlich den Einstieg in die Kampagne dar.

Auch hier werden die schon erwähnten Mängel des Buches deutlich. Die beigefügten Handouts sind teilweise nicht einsetzbar. So ist z.B. auf einer Karte für die Spieler ein plotrelevanter Geheimgang prominent eingezeichnet. Pegasus hat das zwar mittlerweile mit einem Download korrigiert, aber es zeigt dennoch, mit welcher Lieblosigkeit der vorliegende Kampagnenband erstellt wurde. Auch das Abenteuer ansich bietet einen relativ unspektakulären Plot, der an einen weiteren fiktiven Ort führt. Selbst das große Finale des Abenteuers bestreiten nicht die Charaktere, sondern ein übersinnlicher Helfer (der auch zu einer völlig neuen Kreaturenart gehört). Die Charaktere haben lediglich die Option zur Flucht.

Der Höhepunkt des ersten Nocturnum-Bandes steht den anderen beiden Abenteuern im negativen Sinne in nichts nach: langweilige, erfundene Locations, farblose Gegenspieler ohne viel Tiefgang, eine Handlung die mittels Deus Ex Machina im Prinzip von selber gelöst wird und Charaktere, die außer ein paar Ermittlungen eigentlich nichts tun können. Die beteiligten Parteien werden eher verkrampft auf das Spielfeld gesetzt.

Fazit

Offenbar erlaubte die Lizenz dem deutschen Verlag Pegasus keinerlei Veränderungen am Text, aber auch bei den Teilen, die man neu gestalten durfte, wurde arg geschlampt. Die neu gestalteten Karten hätte man deutlich besser machen können, wenn man sie an die Beschreibungen im Abenteuer angepasst hätte. Beim Vorbereiten der Abenteuer und dem Leiten wirkt der Band leider so, als habe man da schnell Material auf den Markt werfen wollen. Nur weil es die einzige Kampagne ist, die es wohl für Cthulhu Now gibt, halte ich es für sehr gewagt, diese mit der „besten Kampagne, die es für NOW gibt“ zu titulieren. Auch wenn der Chefredakteur einst gute persönliche Erfahrungen als Spieler gemacht hat, so scheinen diese wohl hauptsächlich seinem Spielleiter zu verdanken gewesen sein. Das es auch anders geht, zeigt der hervorragende Abenteuerband Unfassbare Mächte aus dem gleichen Verlag. Nocturnum – Lange Schatten aber ist schlampig übersetze und aufbereitete Cthulhu-08/15-Kost der frühen 90er Jahre.

Als Spielleiter muss man für ein Kaufprodukt viel zu viel Arbeit hineinstecken – bis hin zum Aufarbeiten eigener Handouts, weil die vorgegebenen ihren Zweck nicht erfüllen. Das macht Nocturnum in meinen Augen zu einem der schlechtesten Rollenspielprodukte, die mir je untergekommen sind. Als Gratis-Fanwork zum Herunterladen sicher ok, aber für 25 Euro eine Unverschämtheit.

Ein kleiner Ausblick: man hört oft Stimmen, dass die Kampagne im zweiten Band so richtig geil werden solle. Ich habe auch den angefangen zu leiten und ohne meiner ausführlichen Rezension des zweiten Teils nach Abschluss der darin enthaltenen Abenteuer vorgreifen zu wollen: es wird mitnichten besser.

18 Gedanken zu “Rezension: Nocturnum – Lange Schatten

  1. Shadow

    Die Grundannahme der Rezension ist falsch („… ist meine Gruppe vermutlich sogar die einzige, die diese Kampagne nicht nur des Sammelns wegen im Schrank stehen hat „).  Wir spielen gerade die Kampagne und sind nun ungefähr bei der Hälfte. Auch die „Aussage  weil es die einzige Kampagne ist, die es wohl für Cthulhu Now gibt“ zeugt nicht vom Sachverstand des Autors. Mir fallen ohne längeres Nachdenken drei Kampagnen zu Now ein.
    Auch das Fazit kann ich nicht nachvollziehen: Bei uns lief die Kampagne bisher hervorragend und reibungslos. Auch das Feedback der Spieler ist uneingeschränkt positiv. Schade, dass einem geltungsbedürftigen Rezensenten, der mir schon an anderen Stellen negativ aufgefallen ist, in diesem Blog Raum gegeben wird. 

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  2. In vielerlei Hinsicht stimmt das leider mit meinem Leseeindruck überein.
    Positiv hervorheben würde ich trotzdem das sicher gut ausschlachtbare Kampagnenmaterial in der Einleitung, insbesondere ergeben sich da schöne Perspektiven für Charaktere, die gerne mal ein fragwürdiges Bündnis mit dem „kleineren Übel“ eingehen.
    Insgesamt möchte ich Nocturnum schon gerne mal als Grundlage einer eigenen Kampagne verwenden, aber von Abenteuern wie „Winternacht“ werde ich dabei tunlichst die Finger lassen. Da gab es ja im Forum auch schon einiges an Diskussion drüber, und ich kann die häufig geäußerte Haltung „egal, ob’s Sinn ergibt, Hauptsache, die Stimmung ist toll!“ beim besten Willen nicht nachvollziehen. Für eine tolle Stimmung brauche ich keinen Abenteuertext, die entsteht am Spieltisch oder eben nicht, egal, wie hübsch man sich die verschneiten Berge beim lesen vorstellt …

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  3. @Shadow:
    Nein, da tust du Synapscape in diesem Zusammenhang echt Unrecht. Fast alles, was er hier bemängelt, hat mich schon beim Lesen gestört und mich veranlasst, die Kampagne in den Schrank zu stellen, bis ich Zeit habe, sie für den Eigengebrauch gründlich aufzubohren.

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  4. Synapscape

    Nanana, mein lieber Shadow,
    zitiere bitte nicht aus dem Zusammenhang. 🙂
    Ich habe den Satz mit der „einzigen Gruppe“ extra eingeschränkt auf das Cthulhu Forum und mit einem Ironie symbolisierenden Smiley versehen. Und eine Grundannahme ist es nun schon mal gar nicht, eher eine Randbemerkung.
    Und bitte zähle mir Unwissenden doch mal die drei Cthulhu Now-Kampagnen auf.
    Achso, und rezensieren darf nur, wer dir nicht negativ auffällt, da er sonst als geltungsbedürftig gilt? Bist du da so eine Art Cthulhu-Rezensions-Zulassungs-Instanz? Muss ich da ein offizielles Antragsformular bei Dir einreichen?

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  5. Ich muss dem Rezensenten ebenfalls widersprechen, was die mangelnde Substanz von Lange Schatten angeht. Ich habe diesen Band noch im Original vor etwas mehr als einem Jahr geleitet und habe nur gute Erinnerungen daran und das Feedback der Spieler war ebenfalls positiv. Etwaige Logik-Fehler oder angeblich mangelnde Originalität sind weder mir noch meinen Spielern negativ aufgefallen.
    Ich kann auch nichts Verwerfliches daran erkennen, Orte in einer NOW-Kampagne zu erfinden. Wieso sollte dies in einem NOW-Setting schlimmer sein als in anderen Settings? Dass Nocturnum in einer „Parallelwelt“ spielt, mag sein, aber das gilt ja für das gesamte Cthulhu-Universum.

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  6. Synapscape

    Naja, wenn ich schon Locations erfinde, dann sollte ich das wenigstens richtig machen und keine 12000-Einwohnerstadt mit 60 Häuschen Zeichnen oder ein Restaurant ohne Toiletten, etc.

    Zum Glück sind Rezensionen ja immer völlig subjektiv und wenn deine Spieler es nicht stört, hast du Glück. Meine Rezension ist dann eher für den anspruchsvollen Spieler gedacht, dem vielleicht angesichts seiner Routine so etwas direkt auffällt.

    Ich jedenfalls finde Cthulhu-Kampagnen wie Auf den Inseln deutlich spannender, bei denen man versucht, echte historische Fakten bis hin zur Herberge mit dem Mythos zu verweben.
    Inwieweit sich vielleicht sogar die englische Ausgabe von der Deutschen unterscheidet und entsprechende Logiklücken da nicht auftauchen, kann ich nicht beurteilen. Ich rezensiere explizit die deutsche Fassung.

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  7. Synapscape

    @Roland:
    Nöö, also das ist albern. Pegasus macht teilweise sehr gute Rollenspielprodukte und bemüht sich um Cthulhu in Deutschland ausgezeichnet und bietet auch sehr gute Überetzungen (Bsp. Unseen Masters). Von einem Produkt auf den ganzen Verlag zu schließen halte ich für falsch.

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  8. Merriweather

    Ich bin als Spielleiter, der nicht jedes Cthulhu-Produkt kauft, sondern auswählt (auch als finanziellen Gründen) dankbar, wenn jemand seine negative Meinung klar formuliert. Das gibt mir, wie auch die daran anschließende Diskussion, einen klareren Eindruck von dem infragestehenden Band. Was noch nicht heißt, das Synapscape Recht hat – das kann ich ohne Kenntnis der Kampagne naturgemäß nicht beurteilen.

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  9. Da ich gerade INS spiele, werde ich leider Syns Thesen wohl nicht so schnell überprüfen können.
    Aber es ist schön, wenn sich jemand nach ! dem Leiten Zeit für eine Rezension nimmt.
    Das „Abgefeier“ von Unseen Masters leuchtet mir nur bedingt ein, bei „Die wilde Jagd“ muss man auch noch ganz schön feilen meiner Meinung nach.
     

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  10. Kalle

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    Ich muss sagen, ich finde Synapscapes Rezension zutreffend. Konstruiert das zutreffende Wort für diese Kampagne, aber auch nur, um nicht „zusammengeschustert“ oder „an den Haaren herbei gezogen“ verwenden zu müssen.
    Die Antagonisten haben keinerlei eigene Qualität, sondern bestehen nur aus Notwendigkeiten. Es kommt so vor, als wäre erst der ganze Rest geschrieben worden und dann ein Antagonist zusammen gezimmert worden, dessen Eigenschaften derart ausgelegt sind, das man mit ihnen sämtliche klaffenden Lücken in der Konsistenz der Geschichte schließen kann. So ist zum Beispiel jeder Gegner der Charaktere in irgendeiner Form in der Lage die Gestalt zu wechseln. Wie praktisch um wirklich jeden Plot auch an den Charakteren vorbei durchzudrücken. Zumindest muss man als Spielleiter nicht damit rechnen, dass Teile der Geschichten vorher aufgeklärt werden zumal die Plots durch, nichts mit der Geschichte zu tun habende, Irrwege künstlich verkompliziert werden.
    Dumm auch, dass es sich bei den drei Shk’Ryth aus den drei Abenteuern um wilde Shk’Ryth handelt. Einzige verbindung der Abenteuer untereinander ist also die RASSE der Antagonisten! Sprich: Es gibt keine! Keine. Die wilden Shk’Ryth wissen ja nicht mal von einander. Hat da vielleicht jemand versucht, schon lange vorher geschriebene Abenteuer mit minimalem Aufwand der Kampagne einzugliedern? Die in ihrer Art völlig beliebigen Shk’Ryth können ja so ziemlich jeden Antagonisten ersetzen, also warum auch nicht. Werwölfe? Shk’Ryth. Mysteriöse Gestaltwandler? Shk’Ryth. Pervertierte Chimären? Shk’Ryth. Uralte, geistlose Schrecken? Shk’Ryth. internationale Verschwörungen? Shk’Ryth. körperlose Monster? Shk’Ryth usw. usf. Das sie nicht noch Blut saugen, einen im Traum umbringen, aus Leichenteilen zusammengenäht sind, Eishockeymasken tragen oder Haken an der Hand haben ist fast schon eine Überraschung.
    Wie enttäuschend für die Spieler, wenn Sie später feststellen, gegen wen ihre Charaktere kämpfen und dann versuchen die ersten Erlebnisse ihren neuen Erkenntnissen zuzuordnen um dann feststellen zu müssen, dass es sich um bloße Zufälle gehandelt hat.
    Alle Szenarien (aus Band eins, ich habe nicht das beneidenswerte Durchhaltevermögen Synapscapes nach diesem Katastrophenband mich auch noch durch die weiteren beiden zu quälen) sind in unnatürlich abgeschottete Locations geschrieben, was jeden Bezug zur Welt der Spieler im Keim erstickt.
    Die so oft gelobte Stimmung finde ich sehr B-Movie-mässig, um nicht zu sagen – doch ich sage es: uncthuloid (mit ein bisschen Ausnahme von Königin des Zwielichts). Völlig beliebige Gruselelemente an Plastiksettings voller Soapcharaktere.
    Nicht einmal die Illustrationen können mit dem Niveau anderer Cthulhu Now Publikationen mithalten.
     
     
    mein Fazit:
    Das Konzept von Pegasus‘ Cthulhu Now ist überragend, genau wie die Quellenbücher. Nocturnum in dieses Konzept einzugliedern ist schlicht unmöglich. Die Kampagne hat mit modernem oder gar anspruchsvollen Rollenspiel keine Berührungspunkte. Finger weg!

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  11. Marcus Johanus

    Ich bin immer wieder darüber erstaunt, mit welchem Anspruch inzwischen Cthulhu-Publikationen bewertet werden.
    Einerseits ist dies natürlich positiv, denn hohe Ansprüche können dazu führen, dass Entwicklungen angestoßen werden.
    Andererseits sollte man sich schon gut überlegen, ob und wie denn diese Ansprüche überhaupt realistischer Weise erfüllt werden können.
    Denn die meisten hier der Nocturnum-Kampagne als negativ angekreideten Punkte, gelten doch für nahezu jedes Cthulhu-Abenteuer. Vor allem die Feststellung, Nocturnum besäße die Stimmung eines B-Movies und sei damit „uncthulhuid“ finde ich absolut erstaunlich.
    Cthulhu IST B-Movie! Mal ehrlich: Die klassischen Cthulhu-Kampagnen von „Nyarlathotep“ bis „Yog-Sothoth“ sind reinste B-Movies. Das ganze Konzept des Mythos ist doch nichts weiter als Pulp-Stoff, so wie die meisten Werke Lovecrafts: Schlabbermonster aus dem Weltraum erobern die Erde. Verrückte Wissenschaftler, Zeitreisen, Nekromantie, Magie, Monster aus der Tiefsee usw. – jede Geschichte Lovecrafts ist voll davon. Allesamt klassische B-Movie-Motive.
    Ja, einige wenige Geschichten Lovecrafts sind etwas literarischer und etwas tiefgehender. Ja, sein Konzept des kosmischen Horrors besitzt eine gewisse philosophische Tiefe, mit der es allerdings gemessen an „richtiger“ Literatur auch nicht weit her ist.
    In diesem Sinne gibt es auch vielleicht eine Handvoll Abenteuer und Spielkonzepte für Cthulhu, wie beispielsweise die besten Werke John Tynes‘, die ein wenig über den Tellerrand schauen und über den Horizont eines B-Movies hinausragen. Aber diese dann zum Maßstab zu erklären und alles andere in den Dreck zu ziehen, ist einfach unangemessen.
    Das ist ungefähr so, als würde ich einem Abiturienten, der eine Eins in Physik hat, mitleidig auf die Schulter klopfen und sagen: „Ist ja ganz nett, aber gegen Einstein bist du immer noch ’ne Pfeife.“
    In diesem Sinne ist Nocturnum bestimmt keine Kampagne, die den allerhöchsten Ansprüchen, die man an ein solches Werke stellen kann, gerecht wird. Aber trotzdem kann sie mit den meisten Cthulhu- und auch Cthulhu-NOW-Publkation locker im oberen Drittel mithalten.

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  12. Synapscape

    Nein.
    Nocturnum gehört definitiv nicht ins obere Drittel, sondern ganz unten in die Tonne. Da würde man Pegasus und Chaosium und vor allem den vielen kleinen Verlagen wie Pagan unrecht tun.
    Meine Hauptkritik (falls du die überhaupt gelesen hast) ist auch nicht die, das alles B-Movie-mäßig sei. Meine Hauptkritikpunkte zielt darauf ab, dass hier ein Rollenspielprodukt auf schlampigste Art umgesetzt wurde. Mal abgesehen vom miserabel recherchierten Text, schlecht konzipierten Abenteuern bis hin zu unbrauchbaren Handouts, weil in Spielerkarten die zu entdeckenden Geheimgänge prominent eingezeichnet sind.
    Du sagst, es erstaunt dich, mit welchem Anspruch inzwischen Cthulhu-Publikationen bewertet werden? Früher hat zumindest die Macher von Cthulhu diese Ansprüche selber an sich gestellt! Das Spielleiterhandbuch ist voll von tollen Vorschlägen, we man eine Kampagne aufbaut und vor allem die Charaktere in das Zentrum stellt. Bei einer eigenen deutschen Produktion namens Auf den Inseln wurde extremer Wert auf die Recherche der hsitorischenHintergründe gelegt, bis hin zu autentischen Herbergen und Reiseführern der damaligen Zeit. Selbst eine reine Pulp-Kampagne wie der Fluch des Chaugnar Faugn wurde liebevoll aufbereitet und wenigstens stimmte hier das angebotene Spielmaterial bis auf ein paar ungenauigkeiten in der Bildrecherche. Wenn dieser Anspruch vielleicht zugunsten eines schnelleren Veröffentlichungsrhythmus auf der Strecken bleiben soll, dann ist das nicht die Art Rollenspielprodukt, die ich mir wünsche.
    Deine Allgemeinplätze im Sinne von „Lovecraft war schon immer B-Movie“ in alle Ehren, aber die Kritik an Nocturnum geht hier wesentlich tiefer. Es ist in meinen Augen – auch mal ganz von dem Inhalt der Geschichte abgesehen – ein sehr schlechtes Rollenspielprodukt.

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  13. Marcus Johanus

    Natürlich habe ich die Rezension sehr aufmerksam gelesen, mein obiger Kommentar bezieht sich aber nicht auf die Rezension direkt, sondern auf den Kommentar von Kalle.
    Bei der Bewertung der Qualität von Abenteuern können die Meinungen halt weit auseinandergehen. Gerade das von dir angesprochene „Chagnar Faughn“ gehört für mich zu einer der weniger guten Cthulhu-Publikationen auf Deutsch.
    Nebenbei bemerkt: eine ziemlich „B-Movie-mäßige“ Mini-Kampagne 😉
    Und, vielen Dank, ich freue mich für das indirekte Lob der Artikel im SL-Handbuch. 🙂

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  14. Kalle

    Klar ist Cthulhu oft B-Movie und so soll es ja auch sein. Bei „Cthulhu Now“ wird allerdings verschiedenst ausdrücklich die spezielle stimmungsmässige Ausrichtung von Cthulhu Now  beschrieben: Cthulhu Now ist härter, näher an der Realität, gespickt mit alltäglichem Horror, der Anonymität unserer Gesellschaft etc. pp. Damit grenzt sich Cthulhu Now schon von den pulpigeren „Originalen“ ab – und nicht zuletzt auch von den vielen anderen Horrorrollenspielen, die in unserer Zeit angesiedelt sind.
     
    Natürlich ist diese Stimmung nicht dogmatisch und als Hauptmassstab auf alle Cthulhu Now-Publikationen anzuwenden. Ein bisschen Auflockerung durch andere Elemente ist auch hier sicherlich wünschenswert. Aber wenn die allererste und allerbeste Kampagne für Now den selbstgestellten Ansprüchen an die (Now-)Stimmung nicht  im mindesten Respekt zollt, dann ist das für mich ein Grund, mich über die „B-Moviemässigkeit“ von Nocturnum zu beschweren.
     
    Nochmal zur Klarstellung:
    B-Movies sind oft trotz – und manchmal auch wegen – ihrer Fehler charmant, das lässt aber nicht den Umkehrschluss zu, dass alles Fehlerhafte deswegen auch Charm haben muss. Nocturnum hat jedenfalls keinen.
     
    Ich möchte darüber hinaus auch nicht „alle anderen Publikationen in den Dreck ziehen“, weil es vielleicht nicht die besten ihrer Art sind, im Gegenteil: Nocturnum ist die erste richtig schlechte Cthulhu-Publikation, die ich gekauft habe und ich finde eben nicht, dass man sie mit dem übrigen Stoff vergleichen kann.
     
    Als letzte Anmerkung bliebe noch zu sagen, dass ein Einser-Physikschüler sich natürlich nicht an Einstein messen muss – es sei denn, er versucht seine Klausur zum gleichen Preis zu verkaufen, wie Einstein seine Aufsätze 😉
     
     

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  15. Synapscape

    @Marcus Johanus:
    Dafür muss ich dich nicht verdeckt loben, denn diese Beiträge im Spielleiter-Handbuch sind wirklich toll und ich lese immer wieder mal darin, weil es eineme chtd abei hilft, den Fokus zu wahren.

    Was die Rezension von Spielmaterial angeht: mir geht es nur zur Hälfte um „Gefallen“ des Plots, die andere Hälfte meiner Kritik richtet sich gegen das wirklich lieblos dahingerotzte Spielmaterial. In meiner letzten Spiel-Session wurde das wieder mehr als deutlich, als in den Plänen der Irrenanstalt aus Besuchszeiten auffiel, das gar keine Toilette existiert. So hat man in den 80ern Dungeons konstruiert und schon da wurde teilweise Kritik laut, wie eine Hundertschaft Goblins ohne Wohnquartiere auskommen kann. So etwas anno 2010 noch auf den Markt zu werfen (und die Karten wurden alle neu gezeichnet!) ist ein eindeutig feststellbarer und auch nicht mit persönlichem Geschmack wegdiskutierbarer Mangel. Und dieser Plan war ja bei weitem nicht der einzige, um den es geht. Im hier rezensierten Band war das ja schon genauso.
    Ich bin mir sicher, dass die deutsche Ausgabe von Nocturnum vor Erscheinen nicht ein einziges Mal spielgetestet wurde.

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