Kolumne #2 – Cthulhu in allen Zeiten

Hier sollte nun etwas über das Grauen von Dunwich stehen, dass ich vor Ewigkeiten gelesen habe, aber leider bin ich nicht dazu gekommen, mich näher mit der Geschichte zu beschäftigen, auch wenn sie wirklich sehr gut ist! Vielleicht wäre das etwas für den dritten Teil dieser äußerst unregelmäßig erscheinenden Kolumne. Aber wahrscheinlich kommt mir bis dahin wieder etwas anderes dazwischen. Thema dieser Kolumne soll übrigens etwas völlig anderes sein, nämlich Cthulhu Wild West im engeren Sinne und Cthulhu in den unterschiedlichsten Epochen im weitesten Sinne.

Cthulhu kann sich wirklich nicht über zu wenig Epochen und Einfälle beklagen, mit denen man ausgetretenen Pfaden neuen Schwung verleihen kann. Vom Mittelalter, über Gaslicht, den 1. Weltkrieg, bis hin zu Sciencefiction und sogar Endzeitsettings, bietet Cthulhu eine große Bandbreite an atmosphärischer Abwechselung. Für mich hat jede Epoche ihren eigenen Stil und fühlt sich anders an. Ob nun das höflich konservative London im Gaslicht, die technologische Kälte einer nicht allzu fernen Zukunft oder die schattenhafte Abgründe der Alltäglichkeit in NOW – alles spielt sich vertraut aber doch anders, wie bei einem Kartenspiel, bei dem man zwar stets dieselben Karten benutzt, mit denen man aber immer wieder etwas anderes spielen kann.

Es gibt allerdings Epochen die man vielleicht nicht sofort mit dem cthuloiden Grauen verbindet. Die im ersten Moment vielleicht Bilder hervorrufen, die überhaupt nicht unheimlich sind oder mit denen man sich nur schwer anfreunden kann. Bricht man es herunter kann man simpel sagen: Nicht jede Epoche ist für jeden interessant. Die warmen Gewässer im Piratensetting mögen vielleicht so manches Geheimnis verbergen, aber wer ist bereit diese Schätze zu heben? Wer ist mutig genug sich in die Traumlande zu träumen, wer will sich eine Toga überstreifen und im Alten Rom auf Kultistenjagd gehen und wer lässt die Fetzen fliegen bei Cthulhu-Punk? Und wer steht in der brennenden Hitze Arizonas, die Hand am Colt, die Augen zu Schlitzen zusammengepresst, die Finger gespreizt und bereit die letzte Kugel abzufeuern, auf ein Ding dessen Maul sich gierig in die Flanke des Kompagnon verbissen hat? Ja, wer?!

Es sind nur wenige. Unzweifelhaft gehören diese Settings nicht zu den großen Drei (Mittelalter – 1920er – NOW) und sind natürlich auch nicht so bekannt wie diese. Schlimm ist das eigentlich nicht, denn wer den Säbel mit Piraten kreuzen möchte oder Rom in Brand stecken will, der wird das in seiner Spielrunde auch tun. Cthulhu bietet die Möglichkeit dazu, denn das BRP-System ist simpel und mit dem Waffenhandbuch gibt es mittlerweile sogar Ausrüstung für jedwede Epoche, samt Abenteuerideen. Man kann Cthulhu in der Steinzeit spielen, in der Renaissance, während der Französischen Revolution oder auch in den psychedelischen 70ern. Aber es gibt eben diese ganz besonderen Settings die einen ganz persönlich ansprechen. Die man vorher wahrgenommen, aber nie wirklich beachtet hat. Die sich heranschleichen und dann plötzlich, ganz ohne Vorwarnung, auf dich stürzen und dann mit Ideen überfallen. So ist es bei mir mit Cthulhu Wild West.

Ich habe mir das Setting nie näher angeschaut. Ich konnte und kann es auch gar nicht, da ich die fehlenden Ausgaben der CW nicht habe, aber das ist eigentlich gar nicht das Wichtigste. Mich beschäftige eher ein Szenario im Wilden Westen. Wir spielen bei uns eigentlich nur One-Shots. Ich verbinde die Abenteuer nie miteinander. Selten übernehmen wir die Charaktere in die nächste Spielsitzung. Zu selten spielen wir um echte Verknüpfungen zwischen SCs & NSCs aufbauen zu können und darum habe ich sozusagen die Möglichkeit Cthulhu recht ungezwungen spielen zu können, zumindest was die Epoche betrifft. Diesen Monat NOW, das nächste Mal 1920 und danach vielleicht Gaslicht – Warum nicht?! Und wie wäre es mal mit Wild West um einfach mal etwas völlig anderes zu erleben? Der Gedanke spukte mir schon länger im Kopf herum. Doch was unterscheidet das Western-Setting von den anderen Settings. Welches Gefühl trägt es in sich, das man den Spielern zeigen muss?

Der Westen ist weit. Einsame Reiter auf ihren Pferden. Die nächste Stadt noch meilenweit weg. Die Gefahr allgegenwärtig. Recht und Gesetz gibt es nur für den mit dem Schiesseisen. Geisterstädte durch die Windhexen umher wehen. Hier muss man seine Probleme noch selber lösen. Niemanden den es interessiert ob man in der Wüste verreckt oder ob man es zu Ruhm in der Stadt bringt. Überhaupt ist der Wilde Westen kein urbaner Horror. Er ist Horror in der Wildnis und hat sich das Thema Isolation auf die abgerissene Fahne geschrieben. Und darum funktioniert das Setting auch so gut mit Cthulhu, denn Isolation ist eines der cthuloiden Grundthemen. Der Mensch der hinter die Schleier blickt ist isoliert von den anderen. Er hat es gesehen, aber wer würde ihm glauben? Die kleinen Dörfer Innsmouth und Dunwich – vollkommen abgeschnitten von der Außenwelt und alt genug um etwas abartiges auszubrüten, dass nur darauf wartet den Fremdling in der Stadt zu überfallen… Cthulhu im Wilden Westen ist der letzte Kampf. Du bist allein. High Noon in der Wildnis, in der das Grauen seit Jahrhunderten gärt und nur auf DICH gewartet hat!

Abschließend würde ich noch gern sagen, dass ich die unterschiedlichen Settings eigentlich am besten für One-Shots eignen. One-Shots die eine großartige Geschichte erzählen und ein Setting gekonnt portraitieren. Die Zusammenstellung Aus Äonen zeigte beispielsweise schön welche Vielfalt Cthulhu zu bieten hat. Von einem unheimlichen Kloster im Mittelalter, bis hin zu einem Raumschiff, konnte man den Spielern so einiges bieten. Und was ließe sich alles Schönes schreiben in Bezug auf Piraten, Römer, Revolverhelden, den letzten Überlebenden nach dem Erwachen der Großen Alten, den Pulp-Helden, Raumschiffkapitänen und Träumern in den Traumlanden…